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Chatkontrolle – EU will Überwachung durchsetzen

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09.04.2024

Die Diskussion um die Chatkontrolle zur Aufdeckung von Kindesmissbrauch geht in die nächste Runde. Die belgische Ratspräsidentschaft hat einen neuen Entwurf vorgelegt, nach dem die Verordnung zur Kontrolle rechtzeitig zu den Europawahlen im Juni durchgesetzt werden soll. Der Vorschlag enthält einige Modifikationen im Vergleich zum vorherigen.

Die Belgier geben sich zuversichtlich, dass die Chatkontrolle umgesetzt werden könne und sehen deutlich mehr Zustimmung als zuvor.

Risikoeinteilung und „Nutzer von Interesse“

Ausschlaggebend sollen Risikobewertungen der jeweiligen Chatdienste sein, nach denen dann vorgegangen werden soll. So sollen Dienste in hohes, mittleres und geringes Risiko eingeteilt werden, wobei man dann laut neuem Erlass nur Dienste mit hohem Risiko überwachen will. Parameter dieser Klassifizierung sollen unter anderem die Kernarchitektur des Dienstes sowie Anbieterrichtlinien sein. Zudem ist den Behörden auferlegt, so wenig einschneidend wie möglich einzugreifen.

Eine weitere Komponente der Chatkontrolle soll sein, Aufdeckungsanordnungen nur auf „Nutzer von Interesse“ zu beschränken – also solche, die ohnehin schon mehrfach in Bezug auf Kindesmissbrauch auffällig geworden sind: beispielsweise durch Versendung entsprechender Bilder oder Grooming-Versuche. Automatisiert soll dann die Kennzeichnung nach mehreren entsprechenden Treffern erfolgen – erst dann würden die Behörden auf den Plan gerufen.

Kritik und Skepsis

Für den EU-Abgeordneten und Bürgerrechtler Patrick Breyer (Piratenpartei) bedeutet dieser Vorschlag allerdings nur eine andere Ummantelung bestehender Forderungen – und jedenfalls nichts Gutes für die Allgemeinheit der Nutzer. So hält er die Risikoeinteilung der Dienste für bedeutungslos, da potenziell jeder Dienst dazu verwendet werden könne, derartige Inhalte zu versenden. Zudem verweist Breyer auf die nach wie vor geplante Aushebelung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und glaubt keineswegs, dass nur Chats bestimmter Individuen überwacht werden würden.

Außerdem sei laut Breyer der Algorithmus zu unzuverlässig und bestimmte Dienste zu rigoros in ihrer Bewertung, sodass auch harmlose Strandbilder als Treffer eingeordnet werden könnten – auch bei Personen, die nichts mit Kindesmissbrauch zu tun haben. Darüber hinaus weist der Bürgerrechtler darauf hin, dass nicht in allen EU-Ländern dieselben Altersgrenzen für Kinder gelten würden. (tl)